In Memoriam: Erich Schmid (1937-2023)

13.01.2023

Die Fakultät für Chemie trauert um Univ.-Prof. i.R. Dr. Erich Schmid, dem ehemaligen Leiter der Arbeitsgruppe Massenspektrometrie und langjährigen Professor am Institut für Analytische Chemie der Universität Wien. Prof. Schmid verstarb am 6.1.2023 nach schwerer Krankheit.

Erich Schmid war über 30 Jahre eine prägende Persönlichkeit als Forscher, akademischer Lehrer, Mentor und Organisator. Durch seinen Tod verlieren das Institut für Analytische Chemie, die Universität Wien und die gesamte Analytische Community einen außerordentlich liebenswürdigen Kollegen und Freund.

Erich Schmid wurde am 10.2.1937 in Wien geboren. Nach der Matura im Jahr 1955 begann er mit dem Studium der Chemie an der Universität Wien und promovierte bei Prof. Friedrich Hecht im März 1963 zum Dr. phil.

Nach seiner Promotion schlug Erich Schmid eine akademische Laufbahn ein. Er wurde im April 1963 Universitätsassistent am Institut für Analytische Chemie, habilitierte sich 1972 und wurde 1980 zum außerordentlichen Universitätsprofessor für Analytische Chemie ernannt. Ab diesem Jahr leitete Erich Schmid die Abteilung Molekülspektrometrie am Institut für Analytische Chemie. 1996 wurde er Universitätsprofessor und war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 stellvertretender Institutsvorstand.

Erich Schmid deckte in seiner wissenschaftlichen Arbeit einen außerordentlich breiten Themenkreis ab. Während seiner Dissertation beschäftigte er sich mit der Bestimmung von Radionukliden in atmosphärischen Niederschlägen und deren Entfernung aus wässrigen Lösungen. 1963 bis 1968 arbeitete er in einem Forschungslabor der Firma Eurochemic in Mol (Belgien) an der Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus Kernreaktoren – eine Problematik, die bis heute noch nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte. Er war dabei mit der Entwicklung von Trenn- und Bestimmungsmethoden für Uran, Plutonium und deren Spaltprodukte befasst. Zurück an der Universität Wien setzte er die Analytik von Radionukliden bis zu seiner Habilitation im Jahr 1972 fort.

Danach verlagerte und erweiterte Erich Schmid sein methodisches Arbeitsgebiet und widmete sich mit großem Engagement der Analytik von Spuren organischer Verbindungen in komplexen Probenmatrizes, insbesondere auch in Lebensmitteln. Er war dabei einer der österreichischen Vorreiter im Einsatz chromatographischer Trennmethoden in Kopplung mit Massenspektrometrie im Rahmen der organischen Spurenanalytik. Für die Strukturbestimmung organischer Naturstoffe etablierte er mit Mitarbeiter*innen ein hochauflösendes Massenspektrometer mit Laser-Ionisation.

Die Anschaffung wichtiger Instrumente, u.a. von mehreren Massenspektrometern, war nur über die erfolgreiche Einwerbung von Projekten möglich. Darin lag eine besondere Stärke von Erich Schmid. Unter den von Ministerien geförderten Projekten ist u.a. eines aus dem Zeitraum 1994-1998 erwähnenswert, in dem auf GC-MS und HPLC-UV basierende Analysenmethoden zur Bestimmung von Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in Trinkwasser entwickelt wurden. Die von Erich Schmid geleisteten Vorarbeiten lieferten die Grundlage für die Etablierung der Trinkwasser-Pestizidverordnung in Österreich. Unter seiner Verantwortung wurden auch die ersten Ringversuche auf diesem Gebiet in Österreich durchgeführt. In einem anderen Projekt, das von 2000 bis 2003 gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und der Austrian Research Cooperation on Endocrine Modulators (ARCEM) durchgeführt wurde, ging es um die Bestimmung von endokrinen Disruptoren in österreichischen Gewässern. Erich Schmid war auch bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck im Einsatz. Gemeinsam mit J.F.K. Huber, Walter Vycudilik und Ernst Kenndler war er für die Durchführung der Doping-Analytik bei diesem sportlichen Großereignis verantwortlich.

Wichtige Beiträge zur Finanzierung der aufwändigen Instrumentierung und von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen konnten auch durch Firmenaufträge gewonnen werden. Besonders zu erwähnen ist dabei die von 1978 bis 1995 dauernde Zusammenarbeit mit den Austria Tabakwerken, welche die Bestimmung von toxischen Substanzen (polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, Nikotin) in Zigarettenrauchkondensaten zum Ziel hatte. Diese Substanzen sowie ihre Metabolite wurden auch im Harn von Rauchern und Passivrauchern bestimmt, um Auswirkungen des Aktiv- und Passivrauchens feststellen zu können.

Eine weitere wichtige Erweiterung des Arbeitsspektrums stellte der Einsatz der Massenspektrometrie für die Charakterisierung von Makromolekülen, insbesondere von Proteinen, dar. Gemeinsam mit Günter Allmaier, seinem Dissertanten, Mitarbeiter und späterem Professor, etablierte Erich Schmid Methoden zur Ionisation/Desorption von Makromolekülen und setzte diese für die Charakterisierung therapeutischer Proteine ein. Insgesamt umfasst das wissenschaftliche Oeuvre von Erich Schmid mehr als 150 Publikationen und 21 Reviews.

Als akademischer Lehrer übte Erich Schmid eine breit gefächerte Lehrtätigkeit aus. Über viele Jahre war die Ausbildung von Chemiestudent*innen in den Themenbereichen Massenspektrometrie und Lebensmittelanalytik in seiner Hand. Groß ist die Zahl der von ihm betreuten Diplom-, Master- und Doktorarbeiten. Imponierend dabei ist die Anzahl seiner ehemaligen Schüler und Schülerinnen, die im akademischen oder im industriellen Umfeld Spitzenpositionen erreichen konnten. Erich Schmid war in dieser Hinsicht ein großer Mentor.

Erich Schmid hatte auch wichtige Funktionen im Bereich wissenschaftlicher Organisationen inne. So war er von 1977–2002 Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Mikrochemie und Analytische Chemie (ÖGMACH), später Austrian Society for Analytical Chemistry (ASAC), von 1985–2002 als stellvertretender Sekretär und von 1980–2002 als Leiter der Arbeitsgruppe Massenspektrometrie. Er war Mitglied des "Editorial Boards" der Zeitschriften "International Journal of Mass Spectrometry and Ion Physics" und "Rapid Communications in Mass Spectrometry". Erich Schmid war Co-Organisator mehrerer Konferenzen, u.a. der "9th International Conference on Mass Spectrometry" im Jahr 1982 in der Hofburg Wien mit mehr als 1100 Teilnehmer*innen. Er etablierte und leitete fast 15 Jahre lang die "Massenspektrometrische Diskussionsveranstaltung" in Wien. Aus ihr ging später das "MassSpec-Forum-Vienna" hervor.

Im Jahr 1980 wurden seine wissenschaftlichen Arbeiten durch die Verleihung des "Feigl"-Preises der ÖGMACH gewürdigt. Im Jahr 2015 wurde Erich Schmid von der Universität Wien das Goldene Doktordiplom verliehen.

Obwohl Erich Schmid zahlreiche Hobbies hatte – er war ein begeisterter Tennisspieler, Schi- und Radfahrer und interessierte sich u.a. für bildende Kunst und Musik – war er auch nach seiner Pensionierung mit großem Engagement als analytischer Chemiker tätig.

Erich Schmid war eine wichtige und prägende Persönlichkeit am Institut für Analytische Chemie der Universität Wien. Er wird uns als liebenswürdiger, überaus korrekter, verlässlicher, hilfsbereiter und charmanter Kollege in Erinnerung bleiben.

Ein Nachruf von Margit Cichna-Markl, Peter Markl und Andreas Rizzi

Univ.-Prof. i.R. Dr. Erich Schmid (© Institut für Analytische Chemie)