Die Synthese fluorierter seltener Zucker

12.04.2019

Chemikerin Katharina Pallitsch wird in ihrem neuen FWF-Projekt die Rolle von „seltenen Zucker“ beim sogenannten Pentosephosphatweg, einem speziellen Stoffwechselvorgang in den menschlichen Zellen, untersuchen. Synthetisierte fluorierte Analoga könnten neue Wege in der Diagnose von Krankheiten aufzeigen.

Kohlenhydrate sind nicht nur wichtige Energiespender und Strukturgeber, sondern auch wichtige Signalmoleküle in unserem Körper. Sie spielen etwa bei Infektionsprozessen und Immunreaktionen eine Rolle. Neben den weithin bekannten polymeren Kohlenhydraten wie Stärke oder den Einfachzuckern wie Glukose und Fruktose gibt es noch eine Vielzahl von eher unbekannten Zuckern.

Diese „seltenen Zucker“ sind für die Pharmaindustrie von großem Interesse: Sie können als Bausteine in der Synthese von Medikamenten Anwendung finden. „Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle als Zwischenprodukte von verschiedensten Stoffwechselprozessen, z.B. dem Pentosephosphatweg“, sagt Projektleiterin Katharina Pallitsch.

PPP-Regulierung noch unklar

Der Pentosephosphatweg (PPP) liefert wichtige Grundstoffe für die Synthese von DNA und RNA. Wie der PPP reguliert wird, ist aber weitestgehend unbekannt. „Normale Zellen verstoffwechseln rund fünf bis 30 Prozent der aufgenommenen Glukose durch den PPP“, so Pallitsch. Die genaue Menge hänge aber von den aktuellen Bedürfnissen der Zelle bezüglich Energie und DNA-Bausteine ab und könne sich bei verschiedenen Krankheitsbildern ändern.

Eine erniedrigte Aktivität des PPP konnte z.B. in Alzheimerpatienten nachgewiesen werden, während eine Vielzahl an Krebsarten einen erhöhten Fluss durch den PPP zeigt. Es wird vermutet, dass Zellen, die eine erhöhte Aktivität des PPP zeigen, auch erhöhte Mengen an seltenen Zuckern, die für diesen Prozess eine Rolle spielen, aufnehmen. Dahingegen sollten Zellen, die den Anteil des Zuckerstoffwechsels über den PPP minimieren, im Vergleich weniger dieser Zucker aufnehmen.

Fluorierte Analoga aus dem Labor

Die Forschung geht davon aus, dass das gleiche Prinzip auch für strukturell sehr ähnliche, fluorierte Zucker gilt. Zur Untersuchung dieser Prozesse will Katharina Pallitsch daher fluorierte Analoga zu den seltenen Zuckern D-Sedoheptulose, D-Ribulose, D-Xylulose und D-Erythrose - allesamt Zwischenprodukte des PPP – chemisch synthetisieren.

„Es gibt Hinweise, dass diese seltenen Zucker nicht nur PPP-Zwischenprodukte sind, sondern sie als zusätzliche Kohlenhydratquelle den Ablauf des PPP auch direkt beeinflussen können. Wir vermuten, dass Zellen, die eine erhöhte Aktivität des PPP zeigen, auch erhöhte Mengen der entsprechenden seltenen Zucker aufnehmen könnten“, erläutert die Chemikerin.

Pallitsch möchte daher gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern von der Medizinischen Universität Wien auch direkt die Aufnahme von radioaktive Analoga dieser fluorierten Zucker mittels PET Imaging studieren. Diese Methode könnte ermöglichen, Körperareale mit erhöhter bzw. erniedrigter Aktivität des PPP zu lokalisieren. Damit ließen sich z.B. Krankheiten, die sich durch einen veränderten PPP-Fluss auszeichnen, deutlich früher diagnostizieren.

Kooperationspartner des Projektes „Die Synthese fluorierter seltener Zucker“ sind Forscher von der Medizinischen Universität Wien: die Arbeitsgruppe von Arvand Haschemi sowie die Arbeitsgruppen von Wolfgang Wadsak und Markus Mitterhauser der Division of Nuclear Medicine, Department of Biomedical Imaging and Image-Guided Therapy und des LBI Applied Diagnostics.


FWF-Einzelprojekt: Die Synthese fluorierter seltener Zucker, 02.01.2020-01.01.2023

Katharina Pallitsch vom Institut für Organische Chemie wird in ihrem neuen FWF-Projekt seltene Zucker untersuchen.