"Moderne post-genomische Analyseverfahren wie Proteomik und Metabolomik ermöglichen es uns, Krankheitsverläufe besser zu verstehen und auch völlig neue Mechanismen für die Entstehung von insbesondere chronischen Erkrankungen wie etwa Krebs zu erkennen", sagt Christopher Gerner, Leiter des Instituts für Analytische Chemie der Fakultät für Chemie an der Universität Wien.
Analyseverfahren weiterentwickeln
Am Institut für Analytische Chemie wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe von Methoden entwickelt, um verschiedene Moleküle in Blut, Plasma, Zellen und anderem biologischen Material messen zu können.
Für viele dieser Moleküle, die als wichtige Hinweisgeber für Krankheiten und ihren Verlauf dienen können, gibt es bis dato keine standardisierten Messverfahren. Die ChemikerInnen wollen ihre Methoden nun über die Zusammenarbeit mit den MedizinerInnen und über den Zugang zu PatientInnen-Proben klinisch testen und weiterentwickeln.
"Unser Fokus liegt auf klinischen Proben. Wir wollen unsere Analyseverfahren soweit bringen, dass sie behördlich zertifiziert, von Unternehmen kommerzialisiert und dann auch von Ärzten professionell abgefragt werden können. Mit der Facility schaffen wir erstmals eine Infrastruktur, das konsequent umzusetzen", sagt Christopher Gerner, der gemeinsam mit Gunda Köllensperger, stellvertretende Vorständin des Instituts für Analytische Chemie, sowie dem Toxikologen Thomas Stimpfl von der MedUni Wien/ AKH Wien die neue Facility leiten wird.
Kombination von -omics-Techniken
Über die Proteomik und die etwas jüngere Metabolomik und Lipidomik kann die Forschung Proteine, niedermolekulare Stoffwechselprodukte (Metabolite) bzw. Lipide in Organismen oder Zellen systematisch identifizieren und quantifizieren.
Das Kernverfahren dafür ist die Massenspektrometrie, mit der sich fast alle Arten von Molekülen messen lassen. Das Massenspektrometriezentrum der Fakultät für Chemie bietet analytische Dienstleistungen in der Bio- und Umweltanalytik, der Lebensmittelchemie wie auch der Biologischen und Medizinischen Chemie an.
"Über die Proteomik gewinnen wir wichtige Erkenntnisse, welche Gewebe oder Zellen für krankheitsbedingte Veränderungen verantwortlich sind. Über die Metabolomik und Lipidomik können wir das Ausmaß ableiten, wie weit eine Erkrankung fortgeschritten ist", erläutert Christopher Gerner. Die Anwendung der verschiedenen "-omics"-Analyseverfahren bei ein- und derselben Probe hat sich bei den bisherigen Studien der ChemikerInnen, z.B. zu Herzinfarkt und Haut-, Brust- und Eierstockkrebs, bewährt: "Es entstehen daraus aufregende neue Einsichten und ganz neue Einblicke für einige Krankheitsmechanismen."
Suche nach neuen Analyten
Die Facility wird über die Zusammenarbeit mit Oswald Wagner, Vizerektor der MedUni Wien und Abteilungsleiter für Medizinische und Chemische Labordiagnostik am AKH Wien, die dort angesiedelte Biodatenbank nutzen. Die Sicherstellung der Probenqualität sowie die Probenvorbereitung spielen eine zentrale Rolle.
"Wir sind sehr glücklich, mit den Partnern von der MedUni Wien ganz essentielle Expertise bei der Einrichtung des neuen Labors nach klinischen Maßstäben und bei der Zertifizierung von Analyseverfahren an Bord zu haben", sagt Christopher Gerner.
Die ForscherInnen wollen in der Joint Metabolome Facility zudem ganz neue Analyten in den biologischen Proben identifizieren sowie neue Ansätze bei der Dateninterpretation und für Standardisierungsverfahren – besonders im Hinblick auf neue, ab 2020 geltende EU-Vorschriften für die klinische Analyse – entwickeln.
"Metabolomik hat Platz für viele"
Die Facility sieht Christopher Gerner als ideale Ergänzung zu dem bereits bestehenden Vienna Metabolomics Center der Universität Wien: "Die Metabolomik ist ein boomender Forschungsbereich. Sie hat für viele Platz." Mit dem Ansatz, die -omics-Techniken zu kombinieren und sich auf Methodenvalidierung und klinische Proben zu konzentrieren, verfolge man einen neuen Ansatz – als einer der Ersten in Österreich.
Joint Metabolome Facility (JMEF)
- Head of JMEF: Univ.-Prof. Dr. Christopher Gerner (Faculty of Chemistry, University of Vienna)
Deputy Heads of JMEF: Univ.-Prof. Dr. Gunda Koellensperger (Faculty of Chemistry, University of Vienna) & Ass.Prof. Dr. Thomas Stimpfl (Department of Laboratory Medicine, MedUni Wien)
Location: Medical University of Vienna