Ein Einblick in das Oxytocin-Vasopressin-System

04.03.2024

Markus Muttenthaler und sein Team sind aktiv in dem Gebiet der Neuropeptidforschung tätig, im Fokus stehen die Neuropeptide Oxytocin und Vasopressin.

Im Journal „Trends in Biochemical Sciences“ hat die Forschungsgruppe einen interessanten Artikel veröffentlich und erklärt darin die Wichtigkeit des Oxytocin-Vasopressin Systems und in welche Richtung die Forschung zukünftig gehen könnte.

Die Peptidhormone und Neuromodulatoren Oxytocin und Vasopressin stellen Vertreter eines über 500 Millionen Jahre alten Signalsystems dar, welches weit über das Tierreich verteilt zu finden ist und überlebenswichtige Prozesse steuert. Oxytocin und Vasopressin regulieren unter anderem die Fortpflanzung, das Herz-Kreislauf-System, den Wasserhaushalt und soziales Verhalten. Im Menschen werden diese Prozesse über die Wechselwirkung der beiden Peptide mit vier unterschiedlichen Membranproteinen gesteuert, dem Oxytocin- und drei verschiedenen Vasopressinrezeptoren. Fehlregulationen in diesem System haben weitreichende Folgen, weshalb die gezielte Modulation der Oxytocin- und Vasopressinrezeptoren zur Therapie unterschiedlichster Krankheiten untersucht wird. Insbesondere im Zentralnervensystem, wo sie an der Stressantwort und am Sozialverhalten beteiligt sind, bilden sie vielversprechende Forschungsansätze bei schwerer depressiver Störung und bei sozialer Verhaltensstörung bei Autismus, Erkrankungen die über keine angemessenen Therapieformen verfügen. Des Weiteren werden sie für neue Therapieansätze bei Krebs, kardiovaskulären Erkrankungen und Schmerzerkrankungen untersucht. Aufgrund unterschiedlichster Hindernisse, etwa unzureichender Selektivität verfügbarer Rezeptorliganden, limitierter Konvertierbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf Menschen und der inhärent niedrigen metabolischen Stabilität von Peptiden hat dieses Gebiet trotz jahrzehntelanger intensiver Forschung erst wenige Durchbrüche gesehen. Dies könnte sich jedoch bald ändern. Jüngste Fortschritte in der medizinischen Chemie, die Veröffentlichung von Rezeptor-Liganden-Strukturen, die Entdeckung therapeutisch wirksamer Stoffe aus der Natur und ein genaueres Verständnis von zugrundeliegenden Signaltransduktionsprozessen stellen vielversprechende Entwicklungen dar und könnten schon bald eine neue Ära der Oxytocin/Vasopressin Forschung einläuten.

Physiologische Funktion und therapeutisches Potenzial des Oxytocin/Vasopressin-Systems (OT/VP) beim Menschen.

 

Abkürzungen: GI, gastrointestinal; IVF, In-vitro-Fertilisation; OTR, Oxytocin-Rezeptor; PTSD, posttraumatische Belastungsstörung; V1aR, V1bR und V2R, Vasopressin-Rezeptoren.