Ein Nachruf von Johannes Theiner und Günter Trettenhahn
Betroffen haben wir die Nachricht erhalten, dass em. Univ.-Prof. Dr. Adolf Neckel am 13. Juli 2018 hochbetagt verstorben ist. Da er im Jahr 1996 emeritierte, sind sie meisten seiner wissenschaftlichen Weggefährten inzwischen selbst bereits pensioniert, manche verstorben. Dennoch ist sein Ruf als Wissenschaftler und akademischer Lehrer nicht verhallt. Manche Laufbahn wäre ohne das Zusammentreffen mit ihm anders verlaufen.
Adolf Neckel wurde am 1. Juni 1926 in Wien geboren und verbrachte seine Jugend im Sudetenland. Nach den Wirren des zweiten Weltkrieges mit Einberufung zur Wehrmacht und englischer Kriegsgefangenschaft in Ägypten begann er im Jahr 1947 mit dem Chemiestudium am ersten Chemischen Institut.
In Dissertation und Habilitation befasste er sich mit der Thermodynamik von flüssigen Mischungen. Seine Laufbahn als Professor – ab 1971 am Institut für technische Elektrochemie der Technischen Universität Wien, ab 1979 am Institut für Physikalische Chemie der Universität Wien – galt sein wissenschaftliches Interesse der Elektrochemie und der theoretischen Chemie von Festkörpern. In beiden Fällen war die theoretische Beschreibung und experimentelle Charakterisierung von Grenzflächen ein wesentlicher Aspekt.
Zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, seine Funktion als wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und vielzitierte Artikel und Buchbeiträge dokumentieren den hohen Rang des Wissenschaftlers Adolf Neckel.
Auch wenn Arbeiten zur theoretischen Festkörperchemie den besonderen Ruf Neckels begründeten so sollte die Bedeutung seiner Beiträge zur Elektrochemie nicht unterschätzt werden. Diese reichten von Arbeiten am Edison-Akkumulator bis zur Charakterisierung von leitenden Polymeren, den Ahnen der „OLEDs“, die inzwischen Einzug in die Elektronik gefunden haben. In situ Beobachtung von Elektrodenprozessen mittels Schwingungsspektroskopie war ein innovatives Werkzeug, um Elektrodenprozesse besser zu verstehen und so gezielt optimieren zu können.
Ein Rückblick auf das Wirken von Adolf Neckel muss besonders auch den Menschen und akademischen Lehrer ins Auge fassen: Ein höflicher, zuvorkommender und aufmerksamer Mann, der zu jedem aktuellen Thema der Physikalischen Chemie Fragen und Antworten bereit hatte. In zahlreichen Diskussionen überraschte er mit detailreicher Kenntnis komplexer mathematischer Beziehungen aus entfernten Fachbereichen.
Seine Vorlesungen und Seminare waren beliebt. Er schaffte es, komplizierte Sachverhalte zu erschließen, und keine Frage war „zu dumm“ – im Gegenteil, die grundlegenden Prinzipien wurden gern wiederholt, um das Verständnis nachhaltig zu begründen. Trotzdem war Neckel kein „Verwalter des Wissens“, sondern ein akademischer Lehrer nach dem Idealbild, das Gottfried Schatz in seinem Festvortrag zum 650 Jahr-Jubiläum der Alma Mater Rudophina skizzierte: einer, der mit „seinen“ Studierenden gemeinsam den Weg zu neuer Erkenntnis sucht.
Wie peinlich war es, bei einer mündlichen Prüfung festzustellen, dass man etwas nicht richtig verstanden hatte – und wie bereichert verließ man den Raum nach dem ausführlichen Prüfungsgespräch, in dem man das fehlende Verständnis unter der persönlichen Anleitung des Prüfers ergänzen konnte.
Dass Adolf Neckel auch ein liebender Ehemann, Vater und Großvater war, konnten seine Mitarbeiter in vielen Gesprächen erfahren.
Adolf Neckel war ein langes und reiches, zuletzt allerdings leidvolles und mühsames Leben geschenkt, in dem er viel Wertvolles geschaffen und hinterlassen hat. Wir blicken in großer Anerkennung und Dankbarkeit auf das zurück, was uns mit ihm verbunden hat: Faszination für das Forschen, Begeisterung für die Physikalische Chemie und die Verbindung von theoretischen Modellen zur praktischen Nutzung. Vor allem begleitet uns das Vermächtnis, akademische Lehre in seinem Sinn weiterzuführen.
Die Beerdigung fand auf dem Friedhof Hernals (1170 Wien) am Freitag, den 20. Juli 2018 um 12 Uhr statt.