Vanadium ist ein natürlich vorkommendes Metall, das hauptsächlich in der Stahlherstellung oder als Katalysator in der Schwefelsäureherstellung verwendet wird. In Kooperation mit Forschungsgruppen der Universitäten Mainz, Kaiserslautern und Rostock hat Leticia González vom Institut für Theoretische Chemie die Eigenschaften eines Komplexes untersucht, der Vanadium in einem Gerüst von organischen Molekülen und Chloridionen enthält.
Nach optischer Anregung emittiert diese Verbindung Licht im Nahinfrarotbereich: "Strahlung dieses Wellenlängenbereichs kann effektiv menschliche Hautschichten durchdringen", so die Forscherin: "Aufgrund des geringen Energiegehalts ist dabei die Wechselwirkung mit dem Gewebe harmlos und kann daher zum Beispiel in medizinischen Bildgebungsverfahren eingesetzt zu werden."
Umweltfreundliche und kostengünstige Alternativen
Viele Gewebearten besitzen geringe Absorptions- und Streuungsraten von Licht im Nahinfrarot-Bereich, dass daher effizient in diese Gewebe eindringen kann und z.B. zur Visualisierung von Tumoren eingesetzt werden kann. Bisher eingesetzte Nahinfrarot-Emitter (780 bis 3000 Nanometer Wellenlängen-Bereich) basieren hauptsächlich auf Elementen der sogenannten "Seltenen Erden"-Gruppe, welche aufgrund ihres geringen Vorkommens schwer abzubauen und daher sehr teuer sind. Das Bestreben der Forscher*innen ist es, diese Seltenen Erden durch weiter verbreitete – und daher umweltfreundliche und kostengünstigere – Metalle zu ersetzen.
"Die natürlichen elektronischen Eigenschaften vieler Übergangsmetalle eignen sich normalerweise nicht, Licht im Nahinfrarot abzustrahlen", erklärt Mitautor Patrick Zobel von der Universität Wien. Durch Einbettung der Metallatome in ein Gerüst aus speziell designten Molekülen konnten die elektronischen Eigenschaften jedoch so angepasst werden, dass diese Komplexe mit dem Übergangsmetall Vanadium Infrarotlicht emittieren.
Optimierung via Computersimulationen
Um von ersten synthetisierten Komplexen zu industriereifen Anwendungen zu kommen, müssen die Eigenschaften der Verbindungen noch optimiert werden. So muss etwa die Umwandlung von absorbierten sichtbaren Licht zu emittierten Nahinfrarotlicht so effizient wie möglich geschehen.
Mittels Computersimulationen simuliert die Gruppe um González die komplette Bandbreite von Ereignissen, die in den Molekülen nach Lichtabsorption stattfinden. Sind diese Vorgänge bekannt, lassen sich die Gerüstmoleküle modifizieren, um störende Prozesse zu unterbinden und die Emission von Infrarotlicht zu stärken. So konnten González und Zobel für den Vanadium-Komplex mit Hilfe eines eigens entwickelten Computerprogramms SHARC klare Vorhersagen treffen, um die Effizienz von Vanadium-Nahinfrarot-Emittern zu steigern.
Die Studie ist Teil des Projektes "Licht-Kontrollierte Reaktivität von Metallkomplexen" der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Während die synthetische und spektroskopische Arbeit von Chemiker*innen in Deutschland durchgeführt wird, untersucht González mittels ihrer Computersimulationen die Eigenschaften von Metallkomplexen nach Lichtabsorption. Diese simulieren die Bewegung der Atomkerne und Elektronen in den Molekülen.
S E R V I C E
Die Ergebnisse der Simulationen sowie der synthetischen und spektroskopischen Arbeiten sind als zweiteilige Arbeit im Journal "Chemical Science" der Royal Society of Chemistry erschienen:
- Ultrafast and Long-time Excited State Kinetics of an NIR-Emissive Vanadium(III) Complex II. Elucidating Triplet-to-Singlet Excited-State Dynamics, von J. Patrick Zobel, Thomas Knoll und Leticia González; Chemical Science, 12, 10791-10801, 2021; https://doi.org/10.1039/D1SC02149D
- Ultrafast and Long-time Excited State Kinetics of an NIR-Emissive Vanadium(III) Complex I. Synthesis, Spectroscopy and Static Quantum Chemistry, von Matthias Dorn, Jens Kalmbach, Pit Boden, Ayla Kruse, Chahinez Dab, Christian Reber, Gereon Niedner-Schatteburg, Stefan Lochbrunner, Markus Gerhards, Michael Seitz und Katja Heinze; Chemical Science, 12, 10780-10790, 2021; https://doi.org/10.1039/D1SC02137K
Wissenschaftlicher Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Leticia González
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