Ein Bericht von Christian Schröder
Bei der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) denken jeder Chemiker und jede Chemikerin sofort an chemische Verschiebungen und Kopplungskonstanten, die zur Ermittlung der chemischen Struktur von Molekülen in der organischen Analytik genutzt werden. Bei der NMR-Methode der "Fast-Field-Cycling Relaxometry" jedoch werden die chemischen Verschiebungen der 1H und 19F-Kerne nicht aufgelöst, dafür aber Informationen über die Diffusion und Rotation der Moleküle gewonnen. Diese liefern wichtige Erkenntnisse über die Wechselwirkung der einzelnen Moleküle.
Die Diffusionskoeffizienten und Rotationskonstanten werden jedoch nicht direkt vom Messgerät abgelesen, sondern durch Modelle aus den experimentellen Daten berechnet. Doktorand Philipp Honegger vom Institut für Computergestützte Biologische Chemie überprüft mit molekulardynamischen Simulationen, ob die Annahmen dieser Modelle gerechtfertigt sind. Hierbei wird er von Professor Othmar Steinhauser mit neuen Modellen unterstützt.
So können wir vorhersagen, welche Substitution von Wasserstoff mit Deuterium in den Molekülen zu interessanten Ergebnissen führt, und teure Synthesearbeit und Messzeit sparen.
Wiener Simulationen
Diese Diffusionskoeffizienten und Rotationskonstanten sind besonders für ionische Flüssigkeiten interessant. Diese Salze sind bei Raumtemperatur flüssig und ihre physikochemischen Eigenschaften ändern sich signifikant je nach Kombination von organischen Kationen und (an-)organischen Anionen.
Ein genaues Verständnis der Wechselwirkungen auf die Diffusion der Ionen trägt dazu bei, bessere Kombinationen von Ionen für die Anwendung in Batterien oder Superkondensatoren zu finden. Eine entsprechende Pilot-Publikation ist in "The Journal of Physical Chemistry Letters" (J. Phys. Chem. Lett. 2020, 11, 2165) erschienen.
Das Mare Balticum Fellowship ist eine wunderbare Gelegenheit, meine Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Ralf Ludwig zu stärken. Neben wissenschaftlichen Vorträgen und einer kleinen online-Vorlesungsreihe, die ich in Rostock gehalten habe, blieb noch genügend Zeit, den wissenschaftlichen Austausch zu vertiefen und neue Projekte zu besprechen. Beispielsweise ist eine Beteiligung der beiden Arbeitsgruppen an einem COST-Projektantrag angedacht. Dieses von der EU geförderte Programm dient dem weiteren Austausch mit dutzenden Kolleg*innen in Europa und ermöglicht vor allem, Doktorand*innen zwischen den Arbeitsgruppen für bis zu drei Monaten auszutauschen.
- Über das Mare Balticum Fellowship: Dieses Stipendium wird von der Universität Rostock an internationale Wissenschaftler*innen verliehen, um die Interdisziplinarität der Universität Rostock zu stärken. "Wir sind froh, Christian im Rahmen des Mare Balticum Fellowship nach Rostock eingeladen zu haben", meint Ralf Ludwig: "Der Austausch zwischen uns Experimentator*innen und den Simulator*innen in Wien ist sehr fruchtbar. Wir freuen uns schon auf die neuen Projekte.
Institut für Computergestützte Biologische Chemie, Universität Wien