Exposome Austria: "Mit Vision bis 2042"

Am 31. Mai fand in Anwesenheit hochrangiger Vertreter*innen von Universitäten und Forschungseinrichtungen, vom Wissenschafts- und Klimaministerium sowie in Anwesenheit von Kolleg*innen und Gästen das Exposome Austria Launch Event im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt. Ein Fotorückblick (Bilder © Universität Wien / Der Knopfdrücker)

Es mehren sich die Hinweise, dass über die Luft, die Nahrung oder die Haut aufgenommene Umweltstoffe und ihre Wechselwirkungen im menschlichen Körper maßgeblich Einfluss auf die Gesundheit eines Menschen haben. Das Exposom, also die Gesamtheit aller endogener und exogener Faktoren, und seine biochemische bis medizinische Dimension wird die jüngst gegründete nationale Forschungsinitiative Exposome Austria umfassend untersuchen. Die "Exposome Austria Forschungsinfrastruktur" wird koordiniert von der Fakultät für Chemie der Universität Wien gemeinsam mit den Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck sowie dem Umweltbundesamt als Partnern. 

Exposome Austria ist das nationale Forschungskonsortium von EIRENE (Environmental Exposure Assessment in Europe), einer europäischen ESFRI-Großforschungsinfrastruktur.

Mit Jahresbeginn startete die Initiative; im Mai wurde sie im feierlich der Öffentlichkeit vorgestellt.

Heinz Engl, Rektor der Universität Wien, begrüßte die Gäste und zeigte sich sichtlich erfreut über die Realisierung dieser großangelegten Initiative mit interdisziplinärem Zugang - einem Umstand, der bei dem Thema unerlässlich sei.

Bernhard Keppler, Dekan der Fakultät für Chemie, verwies auf die Bedeutung der Exposom-Forschung: "Natürlich gab es auch früher Umwelteinflüsse und auch Einflüsse anthropogener Art, aber diese waren eher lokal und isoliert." Heute gehe es um die Summe, "da die Summe vieler Einflüsse zu ganz neuen Wirkungen führt."

Man geht heute davon aus, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens mindestens 10.000 bis 100.000 Schad- und Fremdstoffen ausgesetzt ist, die vor allem über die Nahrung, aber auch über Wasser und Luft aufgenommen werden.

Ziel der Veranstaltung war es, die Initiative einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Durch das Programm führte Ö1-Wissenschaftsjournalistin Marlene Nowotny.

Barbara Weitgruber, Sektionschefin im Wissenschaftsministerium, vertrat den Wissenschaftsminister und betonte, dass die Initiative u.a. für die gute Kooperation zwischen drei Universitäten und dem Umweltbundesamt stehe - mit einem inter- und transdisziplinärem Forschungsanspruch.

Laut Studien gibt es weltweit jährlich neun Mio. vorzeitige Todesfälle, die auf Umweltfaktoren zurückzuführen sind. Zwei Drittel aller chronischen Krankheiten gehen auf Umwelteinflüsse zurück. "Die Zahlen sind erschreckend." Christine Bandtlow, Vizerektorin der Medizinischen Uni Innsbruck, verwies auf die heute verbesserten analytischen Möglichkeiten und biomedizinischen Datensätze (Big Data), um letztlich auch die Rahmenbedingungen für Patient*innen zu verbessern.

Es gehe bei dieser Forschungsinfrastruktur letztlich auch darum, die "unknown Unknowns" zu identifizieren, so Thomas Jakl, Abteilungsleiter im Klimaministerium und Botschafter der Europäischen Human Biomonitoring Initiative. Man sei auch politisch bestrebt, die Wissenslücke - dem Vorsorgeprinzip folgend - möglichst zu schließen.

Alle Redner*innen waren sich einig, dass die Umsetzung der Exposome Austria Initiative und ihre Einbettung in eine prestigeträchtige ESFRI-Infrastruktur ein großer Erfolg sind.

"Wir mögen das Exposome in seiner Gesamtheit nicht messen können, aber wir können über möglichst viele verschiedene Ansätze wichtige Erkenntnisse gewinnen." Benedikt Warth, nationaler Koordinator von Exposome Austria und Professor der Fakultät für Chemie, Uni Wien, stellte die Ziele der Infrastruktur vor.

Benedikt Warth zeichnete auch die Vision des Projektes bis 2042 nach: "Unsere Vision geht über die Erforschung von Zusammenhängen zwischen Exposition und Krankheitsrisiko hinaus. Langfristig wollen wir dazu beitragen, dass die Belastung der wirklich kritischen Einflüsse minimiert wird, und so personalisierte Prävention und die Verminderung chronischer Krankheiten unterstützen."

Daniel Weselka, langjähriger und erfahrener ESFRI-Delegierter des Wissenschaftsministeriums: "Ich habe immer wieder gesehen, dass Visionen auch wahr werden." Dafür brauche es neben einer Vision auch Durchhaltevermögen, Geld und Zeit.

Kurt Zatloukal, Koordinator der BBMRI Preparatory Phase und Direktor vom BBMRI.at, war aus Graz angereist, um seine Erfahrungen rund um den Impact von Forschungsinfrastrukturen zu teilen. Die neue Initiative sah er auch als Mehrwert für den österreichischen Knotenpunkt der gesamteuropäischen "Biobanking and Biomolecular Resources Research Infrastructure".

Heather Eliassen, Professorin für Medizin und Epidemiologie der Harvard Medical School, konnte aus den USA kurzfristig nicht anreisen und war per Videobotschaft zugeschaltet.

Gary W. Miller, Professor für Environmental Health an der Columbia University, war als Gast in Wien und hielt eine sehr eindrucksvolle Keynote Lecture mit Blick auf die Entwicklung der Exposomforschung.

Immerhin stünden "160 Jahre Genetik" eine vergleichsweise junge Exposomforschung gegenüber, die aber heute die Technologien vorfände, um den Einfluss des Exposoms auf Phänotypen - neben jenem der Genetik - zu zeigen.

Die Bedeutung des Themas mögen auch jüngste ERC-Förderungen unterstreichen: Neben Benedikt Warth (ERC Consolidator Grant) erhielt auch Eva Schernhammer von der Medizinischen Universität Wien und Exposome Austria Projektbeteiligte einen ERC Advanced Grant.

Das Exposome Austria Projektteam und seine Unterstützer*innen von Seiten der beteiligten Universitäten sowie der zwei Ministerien (auf dem Bild fehlen Vizerektorin Michaela Fritz, MedUni Wien, und die Projektbeteiligten Lukas Grill, MedUni Wien, und Gunda Koellensperger, Uni Wien)

Ein Ziel der Veranstaltung war auch die Vernetzung, die anschließend im Arkadenhof Raum fand.

Am Nachmittag fand dann noch die konstituierende Sitzung des national und international besetzten Advisory Board von Exposome Austria statt.

Weitere Neuigkeiten oder Informationen rund um Exposome Austria können der Website entnommen werden: exposome.at - hier wird auch in Kürze ein Mitschnitt der Veranstaltung veröffentlicht.

 Mitschnitt der Veranstaltung (02:08:20)